
Da diverse Internet-Foren, in denen wir mit unseren Marionetten gelegentlich in Erscheinung treten bemerkt haben – so ein Algorithmus ist am Ende wirklich eine taugliche Sache -, dass ich schon seit längerer Zeit nichts mehr „veröffentlicht“ habe, sehe ich mich gezwungen, mal wieder was einzustellen. Nicht dass mich der Algorithmus und die an ihm dran hängenden Unternehmen noch aus dem Geschäft kugeln und mir meine Internet-Präsenz-Existenz rauben. Dass das, was ich hier schreibe ungefähr so wichtig ist wie der sprichwörtliche Sack Reis, der irgendwo in China umfällt, ist mir schon klar. Nicht weil ich es ahne, sondern weil ich es weiß! Darin liegt ein Unterschied. Jeder macht so sein Ding weiter, genauso wie vor 18 Monaten (oder länger), im Kleinen wie im Großen. Feuriges Bewegen? Fehlanzeige! Nun dann, mache ich eben mal mein „kleines Ding“. Corona hat schon etliche Brüche erzeugt. Aber auch die Möglichkeiten zur Reflexion geschaffen. Feine Sache, für einen wie mich. Verschiedene Projekte sind abgearbeitet und trotzdem bleibt da noch immer eine gewisse Leerstelle. Eine durchaus wohltuende übrigens, wenn man die Auszeit mit Phantasie füllen kann. Irgendeine Art Wiedereinstieg wird es schon noch geben? Und wenn nicht? Auch egal, aber mal ganz ehrlich!
Stühle habe ich schon einige gebaut, die kann ich mittlerweile. Was fehlte waren zwei „normale“ Stühle, für „normale“ Szenen mit „normalen“ Marionetten die die „normalen“ Bürger/-innen repräsentieren. Wobei es keine „Normalität“ geben kann. Soll sich eine/r wagen andere darauf festzulegen. Die wagen es auch! Immer und immer wieder. Also die „normalen“ Stühle haben Arbeit gemacht, viel mehr Zeit gekostet als ich investieren wollte. Sie sollten ja authentisch aussehen und möglichst so wie ein „normaler“ großer Stuhl. Nach drei Tagen des Sägens und Klebens und Schraubens und gelegentlichen Fluchens waren sie endlich fertig! Hei, wie viel Geld hätten „normale“ Figurenspieler/-innen in der Zeit verdienen können! Der sprichwörtliche „Sack Reis“ eben! Natürlich muss man gelegentlich eine Marionette beim Schopf greifen und auf die Sitzfläche hocken um zu sehen, ob es passt. Und dann hockten die da, die beiden Auserwählten. Sie hockten und glotzen leer und auch irgendwie doof. Ich glotzte immer wieder mal zurück. Auf was warteten die eigentlich? Sie schienen mir – ganz sicher – auf etwas zu warten. Da kam der Gedanke an dieses Stück von Samuel Beckett: Warten auf Godot. Auch ich bin nicht frei von Plattheiten und der Godot hat es ja irgendwie in den Sprachraum geschafft ohne dass alle wissen, worum es eigentlich geht. Und Irland und seine Literaten habe ich in einer gewissen Phase meines Lebens mal besonders geschätzt.
Dann kam die Idee, das Publikum zu nerven, weil es mich ja auch gelegentlich nervt! 30 Tage lang ein Bild von den beiden Wartenden einzustellen. Von den beiden auf Godot Wartenden! Jetzt warten sie gemeinsam, während in meinen Gehirnwindungen die Dialoge dazu kommen. Ist ja recht locker zu bewerkstelligen, ist ja ziemlich minimalistisches Theater. In meinem Kopf haben sie begonnen zu reden, minimalistisch halt, aber sie reden! Da formt sich irgendwann etwas aus – klar, so entsteht ein Stück, zumindest bei mir. Ärgere mich schon wieder darüber, dass ich mich auf einen bekannten Spruch stützen werde! Warten auf Godot! Die hätten ja auch auf einen Anderen warten können! Ehrlich! Nein, sie warten auf Godot. Na dann sollen sie halt mal, ich warte dann eben mit. Habe ja sonst nicht viel zu tun. Wenn es dann so weit sein sollte, werde ich eine Meldung heraus geben. Man könnte ja das Interesse daran steigern! Ich kenne den Menschen! Schnäppchenjäger! Wer alle Bilder des „Tages“ zum Warten auf Godot herunterlädt, ausdruckt und auf eine Collage klebt, bekommt beim Besuch des Theaters ein Hustenbonbon gratis dazu! Problem hier: das Stück wird es nicht im Rahmen einer öffentlichen Aufführung geben, höchstens wenn mal zwei Säcke Reis gleichzeitig in China umfallen! Muss es denn immer China sein? Und immer wieder der doofe Reis? Warten wir weiter – angenehmes Warten wünsche ich!
